Der Tourismus ist vielerorts ein wichtiger Wirtschaftszweig. Zahlreiche Kommunen, Regionen und Länder bemühen sich deshalb aktiv, die Tourismuswirtschaft zu fördern. Die Aufgabe „Tourismusförderung“ kann dabei u.a. der Wirtschaftsförderung zugeordnet werden. Manche Wirtschaftsförderungsgesellschaft trägt die Aufgabe sogar explizit im Namen, wie z.B. die Wirtschafts-, Innovations- und Tourismusförderung Oberhavel GmbH oder die Wirtschafts- und Tourismusfördergesellschaft Landkreis Peine mbH. Bei der Tourismusförderung bestehen allerdings auch Schnittstellen zu etwaigen anderen Organisationen bzw. Organisationseinheiten vor Ort, wie z.B. dem Stadt- und Regionalmarketing.
Kürzlich haben die Statistischen Ämter neue Daten zu den Gäste-Übernachtungen bis einschließlich Dezember 2022 veröffentlicht. Dies ermöglicht einen Rückblick auf die Pandemie-Jahre und die Erholungsphase im Jahr 2022. Der vorliegende Beitrag beantwortet anhand dieser Daten folgende Fragen:
- Wie haben sich die Übernachtungen in der Corona-Pandemie entwickelt?
- Inwieweit haben sich die Übernachtungszahlen bis Ende 2022 wieder erholt?
- Welche Länder waren bei den Übernachtungen wie stark von der Corona-Pandemie betroffen?
Anmerkungen zur verwendeten Statistik
Die untersuchten Daten wurden der folgenden Quelle entnommen:
Statistisches Bundesamt: Genesis-Online Datenbank, Tabelle 45412-0025
Die Statistik erfasst die Gäste-Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben. Beherbergungsbetriebe sind Betriebe des Gastgewerbes, die Menschen Übernachtungen ermöglichen. Die Statistischen Ämter erfassen dabei Daten zu folgenden Arten von Beherbergungsbetrieben:
- Hotel
- Hotel garni
- Gasthof
- Pension
- Erholungsheim, Ferienheim
- Ferienzentrum
- Ferienhaus, Ferienwohnung
- Hütte, Jugendherberge
- Reha-Klinik
- Schulungsheim
- Campingplatz
Die Gäste-Übernachtungen sind ein gängiger Indikator für die Bedeutung der Tourismuswirtschaft in einer Region. Dabei ist allerdings zu beachten, dass durch die Übernachtungen nur ein Teil des Tourismus erfasst wird. So fehlen beispielsweise Tagestourist*innen. Ebenso unberücksichtigt bleiben Übernachtungen bei Freund*innen, Bekannten und Familienmitgliedern.
Darüber hinaus ist bezüglich der verwendeten Statistik anzumerken, dass diese nur Beherbergungsbetriebe mit mindestens zehn Schlafgelegenheiten/Betten erfasst. Campingplätze werden nur berücksichtigt, wenn sie mindestens zehn Stellplätze haben. Demnach besteht auch hier eine Untererfassung der tatsächlichen Übernachtungen.
Monatliche Entwicklung in Deutschland
Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Übernachtungen in deutschen Beherbergungsbetrieben. Dabei ist zu beachten, dass die Übernachtungen saisonal schwanken: Sie sind im Sommer höher und im Winter niedriger. Die Haupt-Reisemonate sind Juli und August. Daher sind Vergleiche mit dem Vorjahresmonat aussagekräftiger als Vergleiche mit dem Vormonat.
Die Zahlen in Abbildung 1 verdeutlichen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Beherbergungsbetriebe. Besonders im April 2020 zeigen sich die Folgen der Zwangsschließungen. Während die Beherbergungsbetriebe im April 2019 noch 40,3 Mio. Übernachtungen verzeichneten, waren es im April 2020 nur 4,3 Mio. Übernachtungen (−89,2 %).
Im Sommer 2020 erholten sich die Übernachtungszahlen teilweise, erreichten aber nicht das Niveau von 2019. Im Winter 2020/21 fielen sie indes wieder sehr deutlich. Im Sommer 2021 wiederholte sich das Muster, wenngleich die Übernachtungszahlen höher lagen als im Sommer 2020. Der Winter 2021/22 war die letzte stark Corona-geprägte Zeit für die Beherbergungsbetriebe, wobei zumindest die Übernachtungen des Winters 2020/21 deutlich übertroffen wurden.
Das Jahr 2022 zeigt eine merkliche Erholung bei den Gäste-Übernachtungen. Sie lagen ab Mai 2022 nur noch um 3,7 % unter dem Vorkrisenjahr 2019:
- Mai bis Dezember 2019: 368,4 Mio. Übernachtungen
- Mai bis Dezember 2022: 354,9 Mio. Übernachtungen
Für 2023 ist daher zu erwarten, dass sich die Übernachtungszahlen weiter normalisieren und sich damit auch die Tourismuswirtschaft von der Krise erholt.
Entwicklung im Ländervergleich
Obige Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Übernachtung für ganz Deutschland. Ebenso interessant ist aber ein Ländervergleich (siehe Tabelle 1). Dadurch kann untersucht werden, ob einzelne Länder stärker oder schwächer von der Pandemie betroffen waren. Hierzu vergleicht Tabelle 1 die Corona-Jahre 2020, 2021 und 2022 jeweils mit dem Vorkrisenjahr 2019. Zusätzlich ist rechts die Bevölkerungsdichte dargestellt.
Tabelle 1 zeigt dabei, dass die dicht besiedelten Stadtstaaten in der Pandemie einen stärkeren Rückgang bei den Übernachtungen hatten als die dünner besiedelten Flächenländer. Am stärksten betroffen war in allen drei Pandemie-Jahren die Bundeshauptstadt Berlin. Berlin ist zugleich der am dichtesten besiedelte Stadtstaat.
Von den Flächenländern hatte Hessen den höchsten Rückgang bei den Übernachtungen. Demgegenüber war Schleswig-Holstein am wenigsten von der Pandemie betroffen. 2022 übertrafen die Beherbergungsbetriebe in Schleswig-Holstein sogar die Übernachtungen des Vorkrisenjahrs 2019. Alle anderen Länder lagen 2022 noch unter dem Niveau von 2019.
Zu beachten ist aber, dass das Bild innerhalb der Flächenländer heterogen sein dürfte. Die Daten für die Stadtstaaten deuten darauf hin, dass Ballungsräume bei den Übernachtungen stärker von der Pandemie betroffen waren als ländliche Räume (z.B., weil der Abstand zu anderen Personen im ländlichen Raum leichter einzuhalten ist). Die großen Städte der Flächenländer (z.B. Frankfurt am Main, Köln und München) dürften in ihrer Entwicklung daher den Stadtstaaten ähneln.