Bevölkerungsentwicklung der kreisfreien Städte und Landkreise seit 2011

Die Bevölkerungsentwicklung ist ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen. Sie kann die Attraktivität eines Standorts positiv und negativ beeinflussen. So ist z.B. eine schrumpfende Region für viele Unternehmen einerseits unattraktiver, weil dadurch i.d.R. auch die Anzahl potenzieller Kund*innen sinkt. Gleiches gilt für die Anzahl potenzieller Arbeitskräfte. Viele Unternehmen beklagen bereits heute, dass sie offene Stellen nicht besetzen können. Andererseits gibt es in schrumpfenden Regionen oft mehr freie Gewerbeflächen. Auch ist es dort meist günstiger, Gewerbeimmobilien zu kaufen und zu mieten. Die vielfältigen Vor- und Nachteile muss jedes Unternehmen bei der Standortentscheidung individuell abwägen.

Vor diesem Hintergrund untersucht der vorliegende Beitrag, wie sich die Bevölkerung in den kreisfreien Städten und Landkreisen von 2011 bis 2021 entwickelt hat.

Allgemeine Vorbemerkungen

Die analysierten Daten wurden der folgenden Datenbank entnommen:

Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank Deutschland, Tabelle 12411-01-01-4

Der Betrachtungszeitraum der Analyse erstreckt sich vom 31.12.2011 bis zum 31.12.2021. Dieser Zeitraum wurde gewählt, da die Daten ab 2011 auf dem Zensus 2011 basieren. Zwischen den Jahren 2010 und 2011 gab es durch den Zensus 2011 einen methodischen Bruch in der Bevölkerungszählung, der die zeitliche Vergleichbarkeit mindert. Der nächste Zensus wurde zum 15.5.2022 durchgeführt.

Statistisches Bundesamt: Der Zensus 2022 steht an: Ein Großprojekt der amtlichen Statistik, Pressemitteilung Nr. Z03 vom 29.12.2021

Der 31.12.2021 wurde als Enddatum gewählt, da zum einen bislang keine Daten zum Stichtag 31.12.2022 verfügbar sind. Zum anderen vermeidet dieser Betrachtungszeitraum Vergleichbarkeitsprobleme durch den Zensus 2022. Zu beachten ist dabei allerdings, dass dadurch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs unberücksichtigt bleiben. Laut Statistischem Bundesamt flüchteten im Jahr 2022 rund 1,1 Mio. Menschen aus der Ukraine nach Deutschland.

Statistisches Bundesamt: 1,1 Millionen Zuzüge von Menschen aus der Ukraine im Jahr 2022, Pressemitteilung Nr. N010 vom 16.2.2023

Der Beitrag analysiert die 106 kreisfreien Städte und 294 Landkreise getrennt. Kreisfreie Städte gibt es in allen Ländern außer dem Saarland. Die kreisfreien Städte sind i.d.R. die größten Städte ihres Landes. Sie sind meist relativ dicht besiedelt. Die vier Städte der Stadtstaaten werden hier ebenfalls zu den kreisfreien Städten gezählt.

Landkreise gibt es in allen 13 Flächenländern. Zu den Landkreisen zählen auch die Städteregion Aachen, die Region Hannover und der Regionalverband Saarbrücken. Die Städte Aachen, Hannover und Saarbrücken gelten daher als kreisangehörig. Die Landkreise umfassen i.d.R. das weniger dicht besiedelte Gebiet in einem Flächenland (z.B. ländlicher Raum). Es gibt aber auch dicht besiedelte Landkreise (z.B. Kreis Mettmann, Main-Taunus-Kreis).

Statistisches Bundesamt: Kreisfreie Städte und Landkreise nach Fläche, Bevölkerung und Bevölkerungsdichte am 31.12.2021

Im Betrachtungszeitraum 2011 bis 2021 gab es zwei Änderungen bei der Anzahl der kreisfreien Städte und Landkreise:

  • Niedersachsen: Die Landkreise Göttingen und Osterode am Harz fusionierten zum 1.11.2016 und bilden seitdem den neuen Landkreis Göttingen.
  • Thüringen: Die ehemals kreisfreie Stadt Eisenach gehört seit dem 1.7.2021 zum Wartburgkreis.

Um einen Zeitvergleich von 2011 bis 2021 zu ermöglichen, werden die zwei Landkreise in Niedersachsen daher bereits zum 31.12.2011 rechnerisch zusammengefasst. Aus dem gleichen Grund wird die Bevölkerung der Stadt Eisenach bereits zum 31.12.2011 zum Wartburgkreis addiert.

In den Tabellen ist jeweils dargestellt, wie sich die Bevölkerung im Durchschnitt entwickelt hat. Hierzu wurde für das betreffende Land die Bevölkerung der kreisfreien Städte bzw. der Landkreise summiert (jeweils für beide Stichtage). Mit den Summen der zwei Stichtage wurde dann die durchschnittliche Bevölkerungsentwicklung berechnet. Dadurch gehen größere Städte bzw. Landkreise mit einem höheren Gewicht in die Durchschnittsberechnung ein.

Zu beachten ist, dass der Beitrag die Gesamtentwicklung der Bevölkerung von 2011 bis 2021 untersucht. Unberücksichtigt bleiben dadurch die konkreten Gründe für die Entwicklung (Sterbefälle, Geburten, Zuzüge, Fortzüge). Vergleichsdaten zu den Sterbefällen, Geburten, Zuzügen und Fortzügen können Sie z.B. dem Wegweiser Kommune der Bertelsmann Stiftung entnehmen.

Bertelsmann Stiftung: Wegweiser Kommune

Ebenso wird die Altersstruktur nicht genauer untersucht. Die Altersstruktur der Bevölkerung ist z.B. für Unternehmen wichtig, um abzuschätzen, wie groß das Potenzial der Personen im erwerbsfähigen Alter ist. Daten zur Altersstruktur der Bevölkerung finden Sie unter folgendem Link:

Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Regionaldatenbank Deutschland, Tabelle 12411-04-02-4

Kreisfreie Städte

Das stärkste Bevölkerungswachstum aller kreisfreien Städte hatten Leipzig (+18,0 %) und Potsdam (+16,2 %). Beide Städte liegen in den neuen Ländern. Die Landeshauptstadt Potsdam dürfte dabei auch von ihrer Nähe zu Berlin profitieren. Ebenfalls in den neuen Ländern liegen die Städte mit dem stärksten Bevölkerungsrückgang: Dessau-Roßlau (-7,9 %) und Gera (jeweils -4,6 %).

In den alten Ländern hatte Offenbach am Main mit +14,3 % das stärkste Bevölkerungswachstum. Die Stadt grenzt an die hessische Finanzmetropole Frankfurt am Main. Den höchsten Bevölkerungsrückgang in den alten Ländern hatte die niedersächsische Stadt Wilhelmshaven mit -2,5 %.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Bevölkerung der kreisfreien Städte im Betrachtungszeitraum tendenziell wuchs. So ist der Durchschnitt in allen Ländern positiv. Die Bevölkerungszahl sank nur in elf von 106 kreisfreien Städten (10,4 %).

Durchschnitt und Extremwerte der Bevölkerungsentwicklung in den kreisfreien Städten vom 31.12.2011 bis zum 31.12.2021 im Ländervergleich

Die regionsangehörigen Großstädte Aachen, Hannover und Saarbrücken gelten in der Statistik als kreisangehörig. Gleichwohl sind sie bedeutsam, da sie die größten Städte ihres Landes sind (Hannover und Saarbrücken) oder zumindest zu den größten Städten ihres Landes zählen (Aachen). Daher finden Sie hier nachrichtlich die Bevölkerungsentwicklung dieser drei Großstädte:

  • Stadt Aachen: +4,4 %
  • Stadt Hannover: +5,2 %
  • Stadt Saarbrücken: +1,8 %

Landkreise

Bei den Landkreisen zeigt sich ein heterogenes Bild: Es gibt nur zwei Flächenländer, in denen alle Landkreise eine wachsende Bevölkerung hatten: Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Demgegenüber gibt es drei Flächenländer, in denen alle Landkreise einen Bevölkerungsrückgang hatten: Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Interessant ist davon Sachsen: Während dort die Bevölkerung der kreisfreien Städte mit +10,4 % stärker wuchs als in allen anderen Flächenländern, haben die Landkreise mit -5,1 % nach Sachsen-Anhalt (-6,7 %) den zweitstärksten Bevölkerungsrückgang (Thüringen hat bei Betrachtung der zweiten Nachkommastelle mit -5,09 % einen leicht besseren Wert als Sachsen mit -5,14 %). Dies deutet darauf hin, dass es viele Menschen in Sachsen von den ländlichen Räumen (Landkreise) in die Ballungszentren (kreisfreie Städte) zieht.

Im Betrachtungszeitraum stieg die Bevölkerungszahl in 196 Landkreisen (66,7 %) und sank in 98 Landkreisen (33,3 %). Die sieben Landkreise mit dem höchsten Bevölkerungszuwachs liegen alle in Bayern. Am höchsten ist der Zuwachs in den Landkreisen Ebersberg (+12,2 %) und Dachau (+11,1 %). Beide Landkreise liegen in der Nähe von München.

Der am besten abschneidende nicht-bayerische Landkreis ist der Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg auf Platz 8 (+9,8 %). Der Landkreis grenzt im Norden an Berlin. Im nördlichen Teil des Landkreises wohnt auch der Großteil der Bevölkerung. Zudem liegt dort der Flughafen Berlin Brandenburg (BER). In der Mitte und im Süden ist der Landkreis durch zwei Naturparks und ein Biosphärenreservat geprägt.

Die 25 Landkreise mit den höchsten Bevölkerungsrückgängen liegen in den neuen Ländern. Am stärksten ist der Rückgang in den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt (-10,3 %) und Mansfeld-Südharz (-9,8 %). Der erste Landkreis aus den alten Ländern ist der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge (-5,2 %) im Nordosten von Bayern.

Im Durchschnitt gewinnen die Landkreise der alten Länder an Bevölkerung, während die Bevölkerung der Landkreise in den neuen Ländern sinkt. Die einzige Ausnahme bei den alten Ländern ist das Saarland (-1,6 %). Bei den neuen Ländern ist Brandenburg die einzige Ausnahme (+3,0 %).

Durchschnitt und Extremwerte der Bevölkerungsentwicklung in den Landkreisen (LK) vom 31.12.2011 bis zum 31.12.2021 im Ländervergleich